16. Mai – Von Witless Bay nach Dildo

Unser Weg führte uns weiter über Cupids – das Fernziel immer im Hinterkopf: Terra-Nova-Nationalpark. Doch bevor es so weit war, machten wir noch einen Abstecher nach Dildo. Ja, richtig gelesen! In diesem kleinen Ort war zwar nicht viel los, aber irgendwie landet jeder Tourist irgendwann mal hier. So ganz konnten wir den Hype zwar nicht nachvollziehen, aber gelacht haben wir trotzdem – und das gehört schließlich auch zu einer guten Reise dazu.

Dildo

Niemand weiß so genau, wie die kleine Gemeinde Dildo in Neufundland zu ihrem Namen kam. Einige munkeln, die Briten James Cook und Michael Lane hätten im 18. Jahrhundert einfach ihren Spaß gehabt, als sie die Gegend kartographierten. Schließlich gaben sie anderen Orten ja auch Namen wie „Tickle Bay“ (Kitzel-Bucht) oder „Blow Me Down“ (Blas-mich-um).

Andere bestehen darauf, der Name stamme von einem spanischen Entdecker oder seinem Schiff – und habe absolut nichts mit Sexspielzeug zu tun. Eine Postangestellte meinte sogar: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass es uns schon länger gibt als künstliche Penisse.“

Die Menschen in Dildo leben schon seit über 300 Jahren mit dem Namen. Er ist Teil ihrer Identität. 1990 versuchte ein Elektriker, den Namen zu ändern, weil es seinem Sohn peinlich war. Doch die Einwohner wehrten sich und weigerten sich, ihre fünfbuchstabige Herkunft aufzugeben. Der Elektriker gab nach und änderte nur seine eigene Adresse, damit er zur Nachbarstadt gehörte.

Ein Zeichen für die Welt

Doch die Welt staunte nicht schlecht, als 2019 plötzlich ein riesiges Schild im Stil des Hollywood-Signs auf einem Hügel über der Stadt stand – mit den unübersehbaren Lettern „DILDO“. Die Idee kam vom US-Komiker Jimmy Kimmel, der sich in seiner Show über den Namen lustig machte und kurzerhand zum Ehrenbürgermeister ernannte. Er schickte ein Team, um das Zeichen aufzustellen. Es sollte nicht nur ein Witz sein, sondern eine Hommage an die Einwohner, die ihre Eigenheit mit so viel Humor tragen.

Das Schild machte Dildo über Nacht berühmt und lockte Touristen aus aller Welt an. Die Einwohner waren begeistert und machten den Ort zu dem, was er ist: Ein humorvolles, stolzes und gastfreundliches Dorf, das sich selbst nicht zu ernst nimmt. Ein Ort, der beweist, dass man seinen Namen nicht ändern muss, um in der Welt bekannt zu werden – man muss ihn nur mit Stolz tragen.

Nach dem besonderen Geburtstag am Vortag machten wir uns früh auf den Weg zu einer der schönsten Wanderungen im Gros Morne Nationalpark: dem Green Gardens Trail.

Der Startpunkt lag wieder bei den Tablelands – dieser kargen, orangefarbenen Landschaft, die wie von einem anderen Planeten wirkt. Es war kaum zu glauben, dass genau hier ein Weg begann, der uns mitten hinein in eine völlig andere Welt führen würde.

Manche Tage brennen sich tief ins Gedächtnis – dieser war so einer. Die Tablelands standen ohnehin weit oben auf unserer Liste. Diese kargen, rot-orangefarbenen Hügel sehen aus wie von einem anderen Planeten. Es ist ein seltsames Gefühl, dort zu stehen und zu wissen, dass man über Gestein läuft, das normalerweise tief im Erdinneren verborgen liegt.

Von Deer Lake aus, das für uns eher eine Durchreisestation war, machten wir uns auf den Weg nach Gros Morne. Unser Ziel war Woody Point, ein kleiner Ort am Rand des Nationalparks, der uns für die nächsten Tage als Basis diente. Schon bei der Ankunft auf dem Campingplatz wurden wir herzlich begrüßt – diese Offenheit und Hilfsbereitschaft sollte uns noch öfter begegnen.