9. Mai – Ankunft in Port aux Basques

Mit der Fähre erreichten wir Neufundland. Als wir das Wohnmobil von der Fähre rollten, schlug uns die salzige Meeresluft entgegen und der Wind zerrte an unseren Jacken – wir fühlten uns wie echte Entdecker, die am Rand einer neuen Welt stehen. In der klaren Nacht mischte sich der Geruch von nassem Holz und entfernten Pinien mit dem Brummen der Motoren und dem gedämpften Klopfen der Wellen gegen die Bordwand. Unsere Herzen pochten schneller, ein Kribbeln aus Aufregung und Vorfreude lag in der Luft.

Nach unserer Ankunft lernten wir gleich eine typische Besonderheit von Neufundland kennen: Überall hingen Schilder mit „Back for Season“ oder „Back in May“. Das bedeutet, dass viele Geschäfte und Campingplätze erst mit dem besseren Wetter und oft ohne festes Datum wieder öffnen. Saisonstart ist hier keine Garantie, sondern ein vages Versprechen. Diese flexible Einstellung zur Saison machten uns bewusst, dass wir mit zu den Ersten gehörten, die sich hinauswagen.

Nachdem wir unsere ersten Erfahrungen mit den saisonalen Öffnungszeiten gemacht hatten, ging es weiter zum nächsten Programmpunkt: Vorräte auffüllen. Wir stoppten in einem Supermarkt, wo der Duft von frisch gebackenem Brot den Laden erfüllten, und deckten uns mit dem Nötigsten ein. Im Dollar-Shop fanden wir noch ein paar praktische Kleinigkeiten für die Küche und das Wohnmobil, während draußen Möwen kreischten und die letzten Sonnenstrahlen die Pfützen aufleuchten ließen.

Unsere erste Nacht in Neufundland verbrachten wir schließlich bei Deer Lake, in der Nähe eines kleinen Flughafens. Die Stille war nur durchbrochen vom gelegentlichen Knacken der Äste im Wind und einer Reihe von Schüssen zur Dämmerung.

Später erfuhren wir, dass diese Schüsse dazu dienen, Vögel vom Flughafen fernzuhalten und so Zusammenstöße mit Flugzeugen zu vermeiden – eine eigenwillige, aber effektive Methode. In der abgeschiedenen Natur, umgeben von Dunkelheit und dem Surren unseres Heizsystems, verstanden wir endlich, wie das Wohnmobil richtig zu bedienen war. Es war zwar etwas laut, dafür wurde es aber deutlich wärmer als in der ersten Nacht – und wir schliefen mit dem Gefühl ein, wirklich in Neufundland angekommen zu sein.

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Der letzte Tag unserer Reise, der 30. Mai 2024, war ein Geschenk des Himmels. Halifax präsentierte sich von seiner strahlendsten Seite, mit einem tiefblauen Himmel, der die perfekte Kulisse für unsere letzten Erkundungen bildete. Wir tauchten ein in das lebendige Treiben am Hafen, wo Straßenkünstler die Promenade belebten und der Duft des Meeres in der Luft lag.

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Nach Wochen auf den endlosen Straßen Neufundlands und Nova Scotias war der Tag gekommen, an dem unser treuer Begleiter, das Wohnmobil, in Rente gehen sollte. Wir steuerten es zum Vermieter in Enfield, fest entschlossen, es in makellosem Zustand zurückzugeben. Als der Vermieter uns mit deutlicher Verwunderung ansah und fragte, warum wir so gründlich geputzt hätten, fühlten wir uns kurz ertappt. „Wir haben das Reinigungspaket gebucht“, erklärten wir, doch sein Schmunzeln verriet, dass wir uns diese Mühe hätten sparen können.

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Die Nachtfahrt auf der Fähre hatte etwas Meditatives. Draußen war nur das tiefe Brummen der Motoren zu hören, über uns funkelte der Sternenhimmel, und hin und wieder blitzte das ferne Licht eines anderen Schiffs am Horizont auf. Mit jeder Seemeile schien Neufundland ein Stück weiter hinter uns zu liegen. In den frühen Morgenstunden liefen wir in North Sydney ein – noch verschlafen, aber voller Vorfreude auf die letzten Etappen unserer Reise.