27. Mai – Port aux Basques – Abschied von Neufundland

Unser letzter Tag auf Neufundland. Zeit, Abschied zu nehmen von einer Insel, die uns in den vergangenen Tagen so viele Eindrücke geschenkt hat. Am Nachmittag kochten wir noch einmal gemeinsam, während draußen der Wind um das Wohnmobil pfiff und das Licht langsam weicher wurde. Es war einer dieser Abende, die gleichzeitig ruhig und voller Bedeutung sind – weil man spürt, dass etwas zu Ende geht.

Später bereiteten wir uns auf die Nachtfähre vor, die uns zurück aufs Festland bringen sollte. Wie schon auf der Hinreise entschieden wir uns für die Überfahrt im Dunkeln. Unser Wohnmobil rollte sicher an Bord, und wir bezogen unsere Kabine – fast schon routiniert, wie echte Reiseprofis. Doch bevor wir ablegten, gönnten wir uns noch ein Bier. Mit einem letzten Toast blickten wir zurück auf diese erlebnisreiche Zeit.

Die Reise hatte viele Facetten. Wir standen an den spektakulären Klippen von Cape Spear, wo der Wind so heftig blies, dass man kaum gerade stehen konnte, und wo das Licht des Leuchtturms im Meer tanzte. In kleinen Fischerdörfern mit bunten Holzhäusern kamen wir mit Einheimischen ins Gespräch und probierten hausgemachten Fischeintopf. Immer wieder hielten wir unterwegs an, um Karibus am Straßenrand zu beobachten oder einfach nur die Stille und Weite der Landschaft in uns aufzunehmen.

Die Nebensaison hatte ihren eigenen Reiz: wenig Trubel, viel Raum für Begegnungen. Überall stießen wir auf freundliche, hilfsbereite Menschen – eine Offenheit, die wir auch als LGBTQ-Reisende selbstverständlich erlebten. Das tat gut und machte die Reise noch ein Stück persönlicher.

Und doch, im Rückblick, kam uns Island eindrücklicher vor: rauer, dramatischer, mit seinen Vulkanen, Lavafeldern und dem ständig wechselnden Wetter. Neufundland ist wunderschön, ohne Frage, aber Island hat in uns noch mehr Emotionen geweckt. Vielleicht liegt es daran, dass wir dort eine andere Intensität gespürt haben. Trotzdem bleibt der Gedanke: Vielleicht kommen wir eines Tages zurück nach Neufundland – mit mehr Zeit und vielleicht im Hochsommer, wenn die Farben kräftiger und das Leben noch intensiver ist.

Eine kleine Herausforderung blieb uns in Erinnerung: die schlechte Mobilfunkabdeckung. Kaum waren wir außerhalb der Dörfer und Städte, brach der Empfang ab. Ohne Offline-Karten und gespeicherte Infos hätten wir manches Ziel wohl erst nach längerer Suche erreicht. Aber vielleicht war genau das ein Teil des Abenteuers – weniger Ablenkung, mehr Eintauchen in den Moment.

So endete unsere Reise auf Neufundland: mit Dankbarkeit, ein bisschen Wehmut und dem Gefühl, dass diese Insel uns ein Stück Ruhe und Ursprünglichkeit geschenkt hat.

Unterwegs nach Witless Bay lag der Nebel schwer über der Straße. Doch ab und zu rissen die Wolken auf und gaben den Blick frei auf schroffe Klippen und das glitzernde Meer, das gegen die dunklen Felsen schlug. Salz lag in der Luft, und der Wind trieb feine Gischt über den Asphalt. Immer wieder hielten wir an, lehnten uns gegen die steife Brise und lauschten dem Kreischen der Möwen, das sich mit dem Donnern der Wellen vermischte.

Unser Weg führte uns weiter über Cupids – das Fernziel immer im Hinterkopf: Terra-Nova-Nationalpark. Doch bevor es so weit war, machten wir noch einen Abstecher nach Dildo. Ja, richtig gelesen! In diesem kleinen Ort war zwar nicht viel los, aber irgendwie landet jeder Tourist irgendwann mal hier. So ganz konnten wir den Hype zwar nicht nachvollziehen, aber gelacht haben wir trotzdem – und das gehört schließlich auch zu einer guten Reise dazu.

Wer einen Moment im Terra-Nova-Nationalpark verbringt, taucht in eine Welt voller Kontraste ein. Zwischen der schroffen Atlantikküste und den sanften Hügeln der letzten Appalachen-Ausläufer breitet sich eine Landschaft aus, die ihresgleichen sucht. Unglaublich, dass dieser erste Nationalpark Neufundlands erst 1957 gegründet wurde; trotzdem wirkt er, als gehöre er seit Jahrtausenden zum Bild der Insel.