9. Mai – Ankunft in Port aux Basques

Mit der Fähre erreichten wir Neufundland. Als wir das Wohnmobil von der Fähre rollten, schlug uns die salzige Meeresluft entgegen und der Wind zerrte an unseren Jacken – wir fühlten uns wie echte Entdecker, die am Rand einer neuen Welt stehen. In der klaren Nacht mischte sich der Geruch von nassem Holz und entfernten Pinien mit dem Brummen der Motoren und dem gedämpften Klopfen der Wellen gegen die Bordwand. Unsere Herzen pochten schneller, ein Kribbeln aus Aufregung und Vorfreude lag in der Luft.

Nach unserer Ankunft lernten wir gleich eine typische Besonderheit von Neufundland kennen: Überall hingen Schilder mit „Back for Season“ oder „Back in May“. Das bedeutet, dass viele Geschäfte und Campingplätze erst mit dem besseren Wetter und oft ohne festes Datum wieder öffnen. Saisonstart ist hier keine Garantie, sondern ein vages Versprechen. Diese flexible Einstellung zur Saison machten uns bewusst, dass wir mit zu den Ersten gehörten, die sich hinauswagen.

Nachdem wir unsere ersten Erfahrungen mit den saisonalen Öffnungszeiten gemacht hatten, ging es weiter zum nächsten Programmpunkt: Vorräte auffüllen. Wir stoppten in einem Supermarkt, wo der Duft von frisch gebackenem Brot den Laden erfüllten, und deckten uns mit dem Nötigsten ein. Im Dollar-Shop fanden wir noch ein paar praktische Kleinigkeiten für die Küche und das Wohnmobil, während draußen Möwen kreischten und die letzten Sonnenstrahlen die Pfützen aufleuchten ließen.

Unsere erste Nacht in Neufundland verbrachten wir schließlich bei Deer Lake, in der Nähe eines kleinen Flughafens. Die Stille war nur durchbrochen vom gelegentlichen Knacken der Äste im Wind und einer Reihe von Schüssen zur Dämmerung.

Später erfuhren wir, dass diese Schüsse dazu dienen, Vögel vom Flughafen fernzuhalten und so Zusammenstöße mit Flugzeugen zu vermeiden – eine eigenwillige, aber effektive Methode. In der abgeschiedenen Natur, umgeben von Dunkelheit und dem Surren unseres Heizsystems, verstanden wir endlich, wie das Wohnmobil richtig zu bedienen war. Es war zwar etwas laut, dafür wurde es aber deutlich wärmer als in der ersten Nacht – und wir schliefen mit dem Gefühl ein, wirklich in Neufundland angekommen zu sein.

Der Regen prasselte unaufhörlich auf unser Wohnmobil und ließ die Landschaft in grauen Schleiern verschwimmen. Die Fensterscheiben waren beschlagen, und der Duft nach nasser Erde und Tannennadeln drang durch die winzigen Spalten, wenn wir lüfteten.

Dann hieß es Abschied nehmen von Terra Nova. Bevor es weiterging, machten wir Halt an einem Lost Place.

The Old Mill – Ruinen, Legenden und rote Augen
Am Ende der Angle Brook Road in Glovertown ragt ein gewaltiges Betongebäude aus dem Wald. Von weitem wirkt es wie eine Festung, doch bei näherem Hinsehen erkennt man eine unvollendete Ruine: The Old Mill, das gescheiterte Industrieprojekt der Terra Nova Sulphite Company.

Einer der Höhepunkte unseres Besuchs im Terra-Nova-Nationalpark war definitiv der Aufstieg zum Ochre Hill Fire Tower. Ursprünglich wurde dieser Turm als Feuerwachturm genutzt, um die weiten Wälder zu überwachen. Heute dient er als atemberaubender Aussichtspunkt, und der Ausblick ist einfach unvergesslich.