11. Mai – Von Gambo nach Bonavista

Der Nebel hüllte die Landschaft in ein wattiges, silbergraues Tuch, während feiner Sprühregen die Haut prickelnd kühlte und ein salziger Duft nach Algen und feuchtem Holz in der Luft lag. In Bonavista begegneten wir den Papageientauchern, deren leuchtend orangefarbene Schnäbel wie glühende Funken durch das gedämpfte Licht blitzten. Ihr Gefieder schimmerte im Regen, als hätten sie sich Farben aus dem tiefsten Blau und Grün des Ozeans geborgt. Die Möwen kreischten, das Meer rauschte und in regelmäßigen Abständen klatschte eine kräftige Welle an die Felsen – eine Sinfonie aus Naturklängen, die alles andere ausblendete.

Im Geiste blickte ich zurück an unser erstes Erlebnis mit den Puffins, damals 2017 auf der Insel Grimsey bei Island. Damals flogen wir eigens zu dieser abgelegenen Insel, um die Papageientaucher zu sehen, und mussten sie aus der Ferne auf den Klippen suchen. Nun aber parkten wir unser Wohnmobil keine fünfhundert Meter von den Felsen entfernt und bestaunten das bunte Treiben aus nächster Nähe. Das Gefühl, den vertrauten Vögeln in einer so anderen, aber ebenso rauen Landschaft zu begegnen, war wie ein Wiedersehen mit alten Freunden.

Jeder Moment in Bonavista war erfüllt von staunender Freude, einem Hauch Melancholie und dieser tiefen Dankbarkeit, einmal mehr Teil dieser stillen Magie zu sein. Selbst die wenigen Boote im Hafen wirkten wie Farbtupfer in einem impressionistischen Gemälde – blaue und rote Rümpfe spiegelten sich im bewegten Wasser, während aus der Ferne der würzige Rauch eines Holzfeuers zu uns herüberwehte.

Mit diesen Eindrücken verabschiedeten wir uns langsam von Bonavista, gespannt, was die Reise nach St. John’s an neuen Abenteuern für uns bereithalten würde.

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Der letzte Tag unserer Reise, der 30. Mai 2024, war ein Geschenk des Himmels. Halifax präsentierte sich von seiner strahlendsten Seite, mit einem tiefblauen Himmel, der die perfekte Kulisse für unsere letzten Erkundungen bildete. Wir tauchten ein in das lebendige Treiben am Hafen, wo Straßenkünstler die Promenade belebten und der Duft des Meeres in der Luft lag.

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Nach Wochen auf den endlosen Straßen Neufundlands und Nova Scotias war der Tag gekommen, an dem unser treuer Begleiter, das Wohnmobil, in Rente gehen sollte. Wir steuerten es zum Vermieter in Enfield, fest entschlossen, es in makellosem Zustand zurückzugeben. Als der Vermieter uns mit deutlicher Verwunderung ansah und fragte, warum wir so gründlich geputzt hätten, fühlten wir uns kurz ertappt. „Wir haben das Reinigungspaket gebucht“, erklärten wir, doch sein Schmunzeln verriet, dass wir uns diese Mühe hätten sparen können.

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Die Nachtfahrt auf der Fähre hatte etwas Meditatives. Draußen war nur das tiefe Brummen der Motoren zu hören, über uns funkelte der Sternenhimmel, und hin und wieder blitzte das ferne Licht eines anderen Schiffs am Horizont auf. Mit jeder Seemeile schien Neufundland ein Stück weiter hinter uns zu liegen. In den frühen Morgenstunden liefen wir in North Sydney ein – noch verschlafen, aber voller Vorfreude auf die letzten Etappen unserer Reise.