11. Mai – Von Gambo nach Bonavista

Der Nebel hüllte die Landschaft in ein wattiges, silbergraues Tuch, während feiner Sprühregen die Haut prickelnd kühlte und ein salziger Duft nach Algen und feuchtem Holz in der Luft lag. In Bonavista begegneten wir den Papageientauchern, deren leuchtend orangefarbene Schnäbel wie glühende Funken durch das gedämpfte Licht blitzten. Ihr Gefieder schimmerte im Regen, als hätten sie sich Farben aus dem tiefsten Blau und Grün des Ozeans geborgt. Die Möwen kreischten, das Meer rauschte und in regelmäßigen Abständen klatschte eine kräftige Welle an die Felsen – eine Sinfonie aus Naturklängen, die alles andere ausblendete.

Im Geiste blickte ich zurück an unser erstes Erlebnis mit den Puffins, damals 2017 auf der Insel Grimsey bei Island. Damals flogen wir eigens zu dieser abgelegenen Insel, um die Papageientaucher zu sehen, und mussten sie aus der Ferne auf den Klippen suchen. Nun aber parkten wir unser Wohnmobil keine fünfhundert Meter von den Felsen entfernt und bestaunten das bunte Treiben aus nächster Nähe. Das Gefühl, den vertrauten Vögeln in einer so anderen, aber ebenso rauen Landschaft zu begegnen, war wie ein Wiedersehen mit alten Freunden.

Jeder Moment in Bonavista war erfüllt von staunender Freude, einem Hauch Melancholie und dieser tiefen Dankbarkeit, einmal mehr Teil dieser stillen Magie zu sein. Selbst die wenigen Boote im Hafen wirkten wie Farbtupfer in einem impressionistischen Gemälde – blaue und rote Rümpfe spiegelten sich im bewegten Wasser, während aus der Ferne der würzige Rauch eines Holzfeuers zu uns herüberwehte.

Mit diesen Eindrücken verabschiedeten wir uns langsam von Bonavista, gespannt, was die Reise nach St. John’s an neuen Abenteuern für uns bereithalten würde.

Die Straßen führten uns weiter durch Nova Scotia. Während wir Pictou hinter uns ließen, öffnete sich die Landschaft und mit ihr dieses besondere Kanada-Gefühl: endlose Wälder, das Grün der Wiesen, das Glitzern vieler Seen im Sonnenlicht. Die Luft war erfüllt vom würzigen Duft nach Kiefern, vermischt mit einer Spur salziger Meeresbrise. Immer wieder hörten wir das Rauschen des Windes, das leise Brummen des Motors und – wenn wir die Fenster öffneten – das Zwitschern der Vögel. Die Vorfreude wuchs mit jedem Kilometer, aber ein wenig Unsicherheit schwang mit: Würde wirklich alles wie geplant funktionieren? Hatten wir an alles gedacht?

Mit einem Taxi ging es nach Enfield. In den Wagen passte gerade so unser ganzes Gepäck. Heute übernahmen wir unser Wohnmobil – unser Zuhause für die kommenden Wochen. Wir waren überpünktlich bei der Vermietung und mussten ein wenig warten. Sascha fragte mehrfach, welches denn nun unser Wohnmobil sei. Alle, auf die er zeigte, waren recht klein und kompakt, ich musste den Kopf schütteln.

Tief im Osten Kanadas liegt eine Insel, die mit ihrer rauen Schönheit und unberührten Natur verzaubert. Neufundland – ein Name, der Abenteuer verspricht und uns auf eine unvergessliche Reise mit dem Wohnmobil gelockt hat. Unser Trip war ein spontanes Wagnis, denn die Hauptsaison hatte noch gar nicht begonnen. Es war eine Entscheidung, die uns mit einer unglaublichen Ruhe und authentischen Begegnungen belohnt hat.